Sonntag, 28. Juni 2009

Siddharta (H.Hesse)

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Stufen (Hermann Hesse)



Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in neue, and're Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

-Ende-

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Gedanken zu „Siddharta“ (Hermann HESSE):


Hesse war mit indischer und chinesischer Philosophie sehr vertraut und überwindet in seinem „Buddha Siddharta Gaudama“ den Eurozentrismus und Pietismus seiner Zeit. Das komplexe Gedankengut des Buddhismus wird in einfachster Sprache erklärt, Hesses Meisterleistung.
Meistgelesendster Autor des 20.Jh (über 200 Mio. Bücher , davon 2-stelliger Millionenbetrag „Siddharta“); Nobelpreisträger 1946 fürs „Glasperlenspiel“, andere Werke waren „Demian“, „Der Steppenwolf“, „ Narziss u. Goldmund“ u.v.m.
Hesse studierte 20 J. lang die indische Glaubenswelt und lebte über 2 Jahre dort.
Er war behüteter Sohn einer gebildeten Missionarsfamilie. 3x verheiratet.
„Ich möchte hingehen, wie das Abendrot“ schrieb er in seinen verzweifeltsten von Suizidgedanken und Depressionen geprägten Stunden.

Gedankengut: (Glück im Diesseits erlangen und nicht erst im Jenseits)

1) Wie für Goethe „Sinn des Lebens das Leben selbst ist“, ist auch für Hesse
“Der Weg das Ziel des Lebens“. Der suchende, wandernde Mensch wird dem sich nicht
weiterentwickelnden, stehenden Menschen gegenübergestellt („Weg ist das Ziel“).

2) Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen , nicht den Pfad eines anderen
einschlagen, wie es ein indisches Sprichwort sagt
(auch Vater/Sohn-Trennung).

3) Es gibt keine endgültige Wahrheit, denn jede Wahrheit ist Vereinseitigung.
Wer glaubt, im Besitz der Wahrheit zu sein, ist in Wirklichkeit ein Narr.

4) Es gibt keine Zeit. Alles ist gleichzeitig im „Hier und Jetzt“.(ZEN-Buddhismus)
5) Nicht Mitleid und Duldung, sondern Liebe zu allen Existierenden ist eine dem Dasein angemessene Haltung.

Siddharta, ein behüteter Brahmanensohn bricht von zu Hause aus und geht auf die Wanderschaft durchs wahre Leben, um es kennen zu lernen.

6)Buddhas (=Siddhartas) Weg ist ein Weg zwischen „Spiritualität“
und "Weltlichkeit".
(1.Station/Fasten, Versenkung, Meditation bei den Samanas; 2.Station/Lehre bei einem Buddha – Erleuchteter kann man nicht durch Lehre, sondern nur durch eigene Erfahrung werden)
und „Weltlichkeit/Kindermenschen“ (3.Station/ Kamalas Liebeskunst - Kurtisane;
4.Station/Kamaswami – der reiche , habgierige Kaufmann; 5.Station/ Seelenkrankheit
der Reichen und Habgierigen
gekennzeichnet durch Missmut, Habgier, Trägheit, Lieblosigkeit, Ess-Trunk- und Spielsucht).
Sein Leben wurde dabei lust-und sinnlos, sodass er es nach vielen Jahren wieder verließ.
5.Station/Rückkehr zum einfachen Leben als Ruderknecht beim Fährmann „Vasudeva“:

“Dem Geheimnis des Flusses lauschen“ (das Wasser fließt und ist gleichzeitig am Ursprung und an der Mündung).
Das Zuhören hat mich der Fluß gelehrt. Viele Menschen überqueren den Fluß. Einige verweilen und schütten ihr Herz aus. Siddharta lernte zuzuhören. Vielen war der Fluß ein Hindernis, nur wenige haben ihm zugehört; das Gefühl für die Vergänglichkeit des Lebens und der Zeit bekommen.

Wiederbegegnung beim Fährmann mit Kamala, er sah erstmals seinen Sohn, von dessen Existenz er nichts wusste und übernahm ihn, nachdem Kamala von einem Schlangenbiß starb.

Der Sohn wollte die Liebe des Vaters nicht annehmen und verließ ihn wieder mit den Worten:
„Du willst, dass ich werden soll wie du, so fromm, so sanft, so weise. Ich aber will lieber ein Straßenräuber und Mörder werden als so werden wie Du.
Ich hasse dich“


Und dann verließ er seinen Vater, wie einst auch Siddharta selbst seinen Vater verließ. Die blinde Liebe zu seinem Sohn war eine Leidenschaft, aber auch eine trübe Quelle.
Auch diese Liebe wollte gekostet und durch den Schmerz des Abschiedes gebüßt sein.

Loslassen:
Siddharta erkennt dabei, dass er das „Loslassen“ lernen muss. Gute Ratschläge der Eltern können eigene Erfahrungen der Kinder nicht ersetzen. Ein Vater hat nicht deshalb seine Torheiten begangen, um sie dem Sohn zu ersparen.

Behindern Eltern den von der Evolution zur Gründung einer eigenen Familie gewollten Loslösungsprozeß (insb. durch Mutterliebe), führt dies oft zu Persönlichkeits – Fehlentwicklungen beim Jugendlichen.

Jede Seele muß ihren eigenen Weg gehen, so trennen sich die Wege zwischen Eltern und Kind.

Ziele:
Güte und Heiterkeit ist das höchste und edelste aller Ziele eines Menschen“. Entgegen aller Managementlehren, wonach sich der Mensch immer Ziele setzen sollte erkennt Siddharta, dass der Weise kein Ziel mehr benötigt.
Vom Ziel wird man besessen. Nur wer kein Ziel mehr hat , ist frei und offen für jedes.
Das ehrgeizige Streben nach einem Ziel macht die Augen blind und übersieht das Unmittelbare, was nah vor seinen Augen sich befindet.
Wer ständig einem Ziel nachläuft, verpasst sein Leben im „Hier und Jetzt“ („ZEN“).


Weisheit: Wissen kann man mitteilen und lehren, nicht jedoch die Weisheit.
Man kann Weisheit nur auf dem Weg des Lebens (Walz, Wanderjahre) finden.
Man kann sie leben, von ihr getragen werden, mit ihr Wunder tun aber sagen und lehren kann man die Weisheit nicht.
Siddharta zu Govinda: „ Du weißt, dass ich schon als junger
Mann , als ich noch bei den Armen im Wald lebte, den Lehren und Lehreren misstraute und ihnen den Rücken wandte. Dennoch habe ich seither viele Lehrer gehabt (Kurtisane, Kaufmann, Buddha,Würfelspieler, Fährmann, etc…).

Am meisten habe ich vom Fluß gelernt und vom Fährmann Vasudeva. Er war nur ein einfacher Mensch, kein Denker, aber er wusste das Notwendige. Insofern war er ein Vollkommener.

Nicht Lehren, sondern eigene Erfahrungen bringen die Erkenntnis.

Liebe:
„Die Liebe ist die Hauptsache, der wahre Reichtum des Lebens“.
Allein die Liebe macht seelig. Jede Liebe macht uns reicher. Jede Bemühung um Luxus, Reichtum und Besitz macht uns ärmer.
Die Welt lieben zu lernen, sie nicht zu verachten. Sie und mich und alle Wesen mit Liebe und Bewunderung und Ehrfurcht zu betrachten. Denn alles ist in allem enthalten.

Glück: …ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.

Tun: „Die Größe liegt nicht im Reden und Denken, sondern im Tun und Leben.

Nur das Denken, das wir Leben hat einen Wert.“

Sich selbst: „ Wer zu sich selber nein sagt, kann zu Gott nicht ja sagen“.
„Treue zu sich selbst und Güte zu den anderen“ (Konfuzius)
„Sich selbst nicht zu ernst und wichtig nehmen“
Kinderspiel: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt wie ein Kind.
„Loben und fördern statt vernichten“.Leben: „Das Leben ist es wert, gelebt zu werden“
Alter, Sehnsucht nach Stille, Tod:
Wenn einer alt geworden ist und das Seine getan hat, steht ihm zu, sich in der Stille mit dem Tod zu befreunden. Nicht bedarf es der Menschen, er hat sie bereits kennen gelernt und er hat ihrer genug gesehen.Wessen er bedarf, ist die Stille.

Buddhismus : Lebenslehre und weniger eine Religionen:

Läßt uns mit Buddha lächeln, anstatt mit monotheistischen Religionen zu quälen. Nicht irgendein Gott, sondern das Einswerden mit sich selbst
(NITZSCHE: "Werde, der du bist"!!!!)
steht im Mittelpunkt.

Mein Resümee:
Siddharta ist eines der einfachsten, schönsten und tiefsten aller Bücher, die ich in meinem Leben (nach 30 Jahren zum 2. Mal) unter griechischer Sonne gelesen habe.

Alles, was wichtig ist im Leben, ist in diesem Buch enthalten.

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